Für mehr Vielfalt im Bildungswesen

Die Situation des Berliner Schulwesens ist desolat. Der Bildungsmonitor 2022 der INSM zeigt, dass Berlin in den Kernbereichen von Schulqualität, Beruflicher Bildung und Vermeidung von Bildungsarmut die hintersten Plätze bundesweit belegt. Die öffentlichen Schulen sind durch zu starre Vorgaben und durch mangelnde Leistungsanreize nicht in der Lage die Vorgaben an ein modernes Bildungswesen zu erfüllen. Viele Eltern aus Akademikerhaushalten schicken ihre Kinder daher nachvollziehbarer Weise auf privaten Ersatz- und Ergänzungsschulen des Berliner Stadtgebiets und Brandenburger Umlands. Damit es nicht zu eklatanten Chancenungerechtigkeiten in der Bildung kommt, wollen die Jungen Liberalen Berlin die Rolle der Privatschulen stärken und sie somit zugänglich für breitere Bevölkerungsschichten machen.

Mehr Freiräume für Vielfalt in der Bildung

Private Ersatz und Ergänzungsschulen leisten einen wichtigen Beitrag zur Vielfalt der Bildungslandschaft in Berlin und ganz Deutschland. Jedoch leiden insbesondere private Ersatzschulen unter den strengen Vorgaben der Schulaufsichtsbehörden, sodass die zusätzlichen Freiräume gegenüber öffentlichen Schulen nur marginal sind. Das muss geändert werden. Die Jungen Liberalen Berlin setzen sich für größere Freiräume für private Ersatzschulen ein. Dazu zählen insbesondere eine Liberalisierung der Vorgaben durch Kernlehrpläne und Zentralabitur. Perspektivisch sollen diese Freiheitsräume auf die öffentlichen Schulen ausgeweitet werden.

Viele Privatschulen deutschlandweit und auch in Berlin werden von kirchlichen Trägern betrieben. Während die kirchlichen Träger ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Schulvielfalt leisten, so kann es nicht sein, dass die regulatorischen Vorgaben zur Gründung privater Ersatz- und Ergänzungsschulen die kirchlichen Träger einseitig privilegieren. Wir fordern eine umfassende Erleichterung zur Gründung von Privatschulen und in diesem Zusammenhang eine Gleichbehandlung kirchlicher und sonstiger Schulträger.

Auch öffentliche Schulen profitieren von größeren Freiräumen im Bildungswesen. Die Kooperation mit Unternehmen und gemeinnützigen privaten Vereinen stellen eine Bereicherung für das Schulwesen dar. In diesem Zusammenhang setzen sich die Jungen Liberalen Berlin für eine Stärkung von Private-Public Partnerships an öffentlichen Schulen ein, insbesondere für den privaten Betrieb der Schulgebäude. Mittelfristig soll ein größerer Anteil öffentlicher Schulen in private Trägerschaft überführt werden.

Benachteiligte Kinder fördern – Bildungsgutscheine einführen

Obwohl in Deutschland für Privatschulen ein Sonderungsverbot nach dem Einkommen der 44 Eltern entsprechend Art. 7 GG gilt, sind diese immer noch überproportional von Kindern aus Besserverdiener-Haushalten besetzt. Auch benachteiligten Kindern sollen gute Bildungschancen zuteilwerden. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Bemühungen der Ampel-Koalition durch das Startchancenprogramm insbesondere Schulen in sozial-schwachen Stadtteilen zu fördern.

Um eine nachhaltige Finanzierung für beste Bildungschancen zu ermöglichen fordern die Jungen Liberalen Berlin weiterhin die Einführung eines Systems von Bildungsgutscheinen nach schwedischem Vorbild. So kann die Grundfinanzierung der Privatschulen durch staatliche Mittel durch die Gutscheine ersetzt werden. Auch befürworten wir die Förderung eines Schulprogramms, dass sich an dem US-Amerikanischen Modell der Charter Schools orientiert. In diesem Sinne sollen private Schulen, die verstärkt Kinder aus benachteiligten Haushalten aufnehmen einen Sockel an staatlicher Förderung erhalten. Um echte Entscheidungsfreiheit in einem vielfältigen Bildungswesen zu gewährleisten, sollen der Einzugszwang nach Postleitzahl für alle Schulformen aufgehoben werden.

Berlin – Hauptstadt für Biotech und medizinische Forschung

Mit langer Tradition sind Deutschland und Berlin wichtige, internationale Innovationsstandorte. Obwohl Wissenschaft und Innovation das Fundament unserer starken Wirtschaft bilden, erschweren die Rahmenbedingungen für wissenschaftliches und translationales Arbeiten deutsche Spitzenforschung jedoch zunehmend.
Die Jungen Liberalen möchten in Berlin das Potenzial entfesseln, Hauptstadt der Wissenschaft zu sein und erkennen in technologischem Fortschritt die Grundlage einer modernen und erfolgreichen Gesellschaft.
Um Berlin in klinischer und biotechnologischer Forschung Zentrum dieses Fortschritts werden zu lassen, braucht es engagierten Wandel, der den Wissenschafts- und Translationsstandorts Berlins stärkt.

1. Liberale Genehmigungsverfahren als Fundament agiler Spitzenforschung

Wissenschaft ist durch das Beschreiten unbekannter Wege gekennzeichnet. Ausbleibender Erfolg ist dabei kein Scheitern, sondern natürlicher Teil prozessualen Erkenntnisgewinns. Dabei werden von bürokratischer Seite vielfach irrationale Anforderungen an Versuche, wie unscharfe Analysen von erwarteten Auswirkungen explorativer Testreihen gestellt, die die sich schnell entwickelnde Wissenschaft lähmen.
Selbstredend werden wissenschaftliche Versuche durch Forschende so ausgestaltet, dass sie ihre Durchführung ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleistet. Daher halten wir die aufwendigen Genehmigungsverfahren in der klinisch-biotechnologischen Forschung für überholt und setzen verstärkt auf die Eigenverantwortung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Es gilt, starke Verzögerungen und Verteuerung von Experimenten sowie Entwertung von gewonnenen Daten durch hohe bürokratische Hürden unbedingt zu verhindern.

Die Jungen Liberalen Berlin-Mitte fordern daher:
… eine schnellere, forschungsfreundliche Genehmigungspraxis von wissenschaftlichen Feldversuchen. Überprüfung von Umweltschutz, Gesundheit und Ethik durch das LaGeSo und die Senatsverwaltung soll zukünftig in Stichproben erfolgen, anstatt Voraussetzung eines jeden Forschungsvorhabens zu sein. Belegbare Verstöße können weiterhin zur Einstellung von Vorhaben führen.
… eine Befreiung der Forschungseinrichtungen und ihrer Arbeit von bau-, planungs-, und umweltrechtlichen Vorgaben für den Zeitraum des Forschungsbetriebs, sofern direkte Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist und kein inhaltlich begründetes, aufschiebendes Veto seitens der Aufsichtsbehörden eingeht. Eine Anzeige des Vorhabens bei zuständigen Behörden ersetzt zeitintensive Forschungsanträge.
… Ausbau zentraler Forschungsregister. Nach internationalen Vorbildern sollen Versuche in einer zentralen Datenbank zwecks Transparenz und Kosteneffizienz registriert und dokumentiert werden. Klinische und Tierversuche müssen dort samt Negativergebnissen eingetragen werden.
… Tierversuche neu zu regeln. Für die Tierarbeit soll der Versuch mit bestimmten Kleintieren und einigen wichtigen Modellorganismen (wie Drosophila, Zebrafisch, Maus etc.) grundsätzlich antragsbefreit sein. Dabei ist die Anzeige von Tierversuchen bei zentralen Registern ausreichend. Außerdem sollen Forschende mehr Entscheidungsfreiheit bei der Wahl ihres Studiendesigns erhalten und nicht prinzipiell tierexperimentfreie Forschung den Tierversuchen vorziehen müssen, sofern sich diese von bereits durchgeführten Versuchen in Zweck, Methode, statistischer Power oder Hypothese unterscheiden. Die Entwicklung von Alternativen zum Tiermodell soll gefördert werden.
… eine Rufbereitschaft für Ethik- und Tierschutzkommissionen, damit zu jedem Zeitpunkt zeitkritische Entscheidungen in klinischer und tierexperimenteller Forschung getroffen werden können ohne Datenvalidität und Experimente zu gefährden.
… Engagement zur Einrichtung eines beschleunigten Zulassungsverfahrens für neue, überlegene Medikamente und Impfstoffe auf Bundes- und EU-Ebene. Durch das fakultative (Teil-)Ersetzen der Phase III durch eine verlängerte Reportingphase IV wird eine kontrollierte Markteinführung risikoarmer, dringend benötigter Pharmaka früher ermöglicht.

2. Starke Wissenschaft und eine starke Wirtschaft

Die Finanzierung der Wissenschaft ist komplex geregelt. Die Gesamtausgaben für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (FuE) in Deutschland liegen bei ca. 3 % des BIP und werden v.a. durch Investitionen in der Wirtschaft aufgebracht. Forschungsvorhaben, die absehbar wirtschaftlich verwendet werden könnten, dürfen bisher nicht öffentlich oder durch gemeinnützige Förderungen finanziert werden, obwohl fast jede Erkenntnis in irgendeiner Weise wirtschaftlich nutzbare Eigenschaften hat, die die Wohlfahrt unserer Volkswirtschaft erhöhen können. Wirtschaft und Wissenschaft dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden! Wir fordern…

… die Abschaffung restriktiver Fördervorschriften und Verbote für öffentliche und gemeinnützige Forschungsförderer, die den Ausschluss wirtschaftlicher Nutzung der Forschungsergebnisse zur Bedingung machen.
… öffentlichen und gemeinnützigen Stiftern und Geldgebern zu ermöglichen, als Ventural Capital Anleger aufzutreten. Sollten Forschungsergebnisse profitabel vermarket werden, können im Ermessen der Anteilseigner und Fördergesellschaft Überschüsse in den Förderetat zurückfließen.
… ein Engagement auf Bundesebene, die Ausgaben für FuE bis 2027 auf 5% des BIP zu erhöhen. Dabei sollen v.a. staatliche Förderungen erhöht werden, um auch weniger profitable Grundlagenforschung oder explorative Versuche zu finanzieren.
… die Einrichtung landeseigener Exzellenzinitiativen in der Biotechnologie und klinischen Forschung. Durch Forschung an aussichtsreichen Zukunftsthemen (z.B. onkolytische Viren, Phagen-Therapie, Tropenmedizin) soll der Standort Berlin als Healthcapital gestärkt werden.
… die sukzessive Schaffung neuer Lehrstühle innerhalb der Berlin University Alliance, die eng mit der Wirtschaft und Start-Ups zusammenarbeiten und anwendungsbasiert forschen. Die Forschung zu klinischen Digitalisierungschancen (z.B. med. KI und Telemedizin) soll in einem neuen Institut zentral gebündelt werden.

3. Attraktive Arbeitsbedingungen in der Forschung
Um internationale Spitzenforschung in Berlin zu ermöglichen, fordern wir, die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft zu Gunsten eines attraktiveren Forschungsstandortes zu verbessern:

… Wir möchten eigene Gehaltsgruppen mit erhöhten Sätzen für wiss. Mitarbeiter im TvÖD analog zum TvÖD-Ärzte einführen. Die Vergütung soll künftig auch abhängig vom H-Wert erhöht werden. Auch die Vergütung in der Spitzenforschung durch außertarifliche Gehälter muss unbürokratisch möglich sein.
… Wir fordern analog eine Erhöhung der wissenschaftlichen Festanstellungen an staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Bereits während der Forschungsprojekte sollen Weitervermittlungen von Anschlussstellen für projektbezogen-angestellte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beginnen.
…Hochschulen sollen mehr regelhafte Professuren schaffen und Privatdozierenden aktiv Wege zu einer ordentlichen Professur aufzeigen.
… Wir möchten Jungwissenschaftler und insbesondere Jungwissenschaftlerinnen stärken. Neben methodischer und fachlicher Unterstützung durch Coachingprogramme, sollen sie bei ihren Publikationen unterstützt werden. Auf europäischer Ebene fordern wir Engagement zur Grünung eines EU-weiten Open-Access-Journals, das wissenschaftlichen Nachwuchstalenten eine renommierte Plattform für die Publikation eigener Forschungsarbeit bietet. Auf Landes- und Bundesebene fordern wir die Schaffung und Unterstützung von Frauennetzwerken in der Wissenschaft.
… Um frühzeitig junge Menschen für eine Karriere in der Naturwissenschaft zu begeistern, sollen engagierten Studierenden gezielt durch attraktives Mentoring und eine Berliner Karrieremesse Perspektiven im Berufsfeld der Forschung & Lehre aufgezeigt werden.